Auf dem Weingut herrscht geschäftiges Treiben. Die ganze Belegschaft ist heute im Einsatz. Heute ist der erste Tag der Handlese. Es werden mehrere unterschiedliche Rebsorten geerntet. Und die wollen im Anschluss ja auch anständig versorgt werden. Es fallen immer wieder Begriffe wie rütteln, entrappen, Trockeneis und Maische. Und da die nächsten beiden Tage Regen angesagt ist, muss heute umso mehr erledigt werden. Das bedeutet für alle ein später Feierabend und für den Winzer eine Nachtschicht.
Erste Station ist die Presse. Gespannt beobachten Winzer Stephan Müller und sein neuer Azubi wie die frisch gebrachten Trauben in die Presse gepumpt werden. Ich stehe daneben und bin einfach nur total erstaunt wie groß diese ganzen Gerätschaften sind. Und wie viel Kraft man zum Teil braucht, bis alles so eingestellt ist, dass es läuft.
Zweite Station sind die Maischetanks. Darin verbringt der Traubensaft seine ersten Stunden. Zur vierten Station geht es über endlose Leitungen in die großen Stahltanks im Keller. Bei meiner exklusiven Kellerführung habe ich ganz hinten auch noch ein paar große alte Holzfässer für die Rotweine entdeckt. Vom Umfang her natürlich kein Vergleich zu den Stahlriesen in der Reihe gegenüber, aber sie haben Flair! Das muss man ihnen lassen. Und wenn man bedenkt, dass die schon Jahrzehnte zum Besitz der Familie Müller gehören und damals noch per Hand hergestellt wurden… Schon beeindruckend! Diese Fässer sind mir gleich symphatisch. Die Stahltanks, in die der Azubi sogar zum säubern reinklettert – für Menschen mit Platzangst ein Ausdruck tollkühnen Mutes – sind mir auf den ersten Blick irgendwie zu steril. Aber auch sie dienen ihrem Zweck und wer schon einmal einen Wein aus dem Hause Müller gekostet hat weiß – die machen dat jut, die Stahlriesen.
Nächste Station ist das Anrühren von Hefe in einem quietsch-orangenen Eimer. In diesem beginnt die Hefe erst einmal durch immer wieder neues Zuführen von Wein zu gären. Anschließend wird das Hefegemisch dem Traubensaft zugefügt und die Gärung läuft über Tage im Tank weiter, dass die Auslässe oben an der Stirnseite der Tanks nur so fröhlich vor sich hinblubbern.
Insgesamt ist mir folgendes besonders aufgefallen: Waschen, putzen, säubern. Ich hätte ehrlich nicht gedacht, dass es sich beim Beruf des Kellermeisters oder Winzers um so eine nasse Angelegenheit handelt. Ohne Gummistiefel geht hier unten rein garnichts. Aber es muss halt alles tiefenrein sein. Man arbeitet schließlich mit Lebensmitteln. Und so wird gewienert, gespritzt und abgeledert was das Zeug hält. Überall hängen Schläuche.
Die heiligen Hallen des Weingutes ist der Lagerraum für den Weinausbau. Hier liegen die Weine in kleineren Fässern für mehrere Jahre. Sie dürfen in stilvoller und stiller Atmosphäre reifen. Genau so hatte ich es mir vorgestellt. Trocken, ruhig und gediegen. Irgendwie geheimnisvoll.
Und dann muss natürlich auch noch eine Runde probiert werden. Das macht die ganze Mannschaft zusammen. Jeden Tag mindestens einmal. Welches Fass entwickelt sich nach Plan? Wie weit ist der Reifeprozess? Wo muss noch etwas nachgeholfen werden? Es ist wie beim Kochen, ein regelrechtes Abschmecken. Heute darf ich auch mitprobieren – und mitspucken. Fünf männliche Experten und ich. Das Spucken muss ich ehrlich gesagt noch üben. Es gibt eine Art dies galant zu tun. Fachmännisch. Mir fällt auf, dass ich das definitiv noch nicht drauf habe und so wische ich mir stekum das Kinn ab.
Zum Abschuss meines Praktikumstages geht es dann noch zur Verkostung der fertigen Weine in den Weintreff. Hier werde ich von Senior Müller betreut. Und erfahre im Gespräch noch mehr über Terroir, Lagen und die Küferei. Forst hat definitiv sehr gut bewertete Lagen. Als quereinsteigender Winzer bekommt man hier und generell in der Pfalz eigentlich überhaupt kein Land mehr. Das wird schon seit Generationen nur noch vererbt. Im Endeffekt ist die einzige Chance das Einheiraten stellen wir grinsend fest. Nun ja, was ja auch nicht immer die optimale Lösung für alles ist.
Nebenbei koste ich noch von den guten Tropfen des Hauses. Ungeheuer, Sauvignon Blanc, Virtuoso und andere. Aber angetan hat es mir der Tradition „R“. Ein toller Rotwein. Irgendwie garnicht so, wie ich typische deutsche Rotweine kenne. Ich schmecke da australisches Potenzial heraus. Vielleicht kein Wunder, da sich Stephan Müller ja in Australien weitergebildet hat.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen:
Es hat etwas gedauert alle Erlebnisse dieses Tages niederzuschreiben. Das musste ich erst einmal alles verdauen. Ich habe an einem Tag so Vieles zum ersten Mal gemacht und gesehen. Einfach toll!!! Vor allem, wie ich von der Familie Müller für mein Tagespraktikum aufgenommen und gekümmert wurde. Und das, obwohl es gerade an diesem Tag, kurz vor dem großen Regen und dem ersten Tag der Handlese, besonders hektisch war. Da ich mir keine Notizen bei der Arbeit machen konnte, habe ich alles nach bestem Wissen und Gewissen niedergeschrieben und bitte darum, kleinere Fehler zu verzeihen. 🙂
Schaut doch mal vorbei in Forst im Weingut Eugen Müller