Diese Woche wurde ein Rekord aufgestellt: Im Rahmen einer Spendenaktion wurde eine Niepoort Magnumflasche Colheita von 1863 für den stolzen Preis von etwas mehr als 100.000 Euro verkauft. Eine für den klaren Verstand abgehobene Summe, die einen schwindelig werden lässt. Wenn man allerdings schon einmal im Douro-Tal war, sich das Weingut des Avantgardisten Dirk van der Niepoort angeschaut und den rund um den Portwein betriebenen Aufwand gesehen hat, dann erscheint die Summe schon nicht mehr ganz so abstrakt.
Kennengelernt habe ich Dirk vor ein paar Jahren auf einer Weinmesse. Er ist, ähnlich wie seine Weine, ein sehr nahbarer Typ, der aber im Laufe der Unterhaltung gern auch neue Fragezeichen bei seinem Gegenüber aufkommen lässt. Es wird nicht unbedingt alles viel klarer – Vieles ja, aber man bleibt immer auch mit dem Gefühl zurück noch weiter in die Materie des Port- sowie des Douro-Doc Weins eintauchen zu müssen.
Und so folge ich im Frühling diesen Jahres der Einladung und schaue mir die neu renovierte Quinta do Napoles in der Region bei Pinhao an. Nachdem die Quinta schon von außen durch die geschickte Kombination aus alten und modernen architektonischen Elementen sowie einem atemberaubenden Ausblick glänzt, geht es Innen mit ähnlichen Highlights weiter.
Ein besonderes Highlight ist für mich der unterhalb des Verkostungsraums liegende, semi-private Weinkeller des Hausherren. Es öffnet sich eine im Boden versteckte Luke und gibt den Blick frei auf eine eng geschlungene Wendeltreppe über die man in einen Ovalen Raum mit etwa 3 Metern Durchmesser gelangt. Hier lagern rundherum und vom Boden bis zur Decke nicht nur die feinsten Tropfen, sondern auch Weine aus anderen Regionen. Ich erspähe auch einige Deutsche Rieslinge, von denen Dirk ein großer Fan ist wie ich weiß… Hier möchte sich jeder Weinfan gern einmal einschließen lassen. Damit gerade das nicht passiert, gibt es im Fußboden des Verkostungsraums ein mit Niepoort-Logo verziertes Bullaugenfenster, durch das man in den Keller hinabblicken kann.
Ein besonderer und architektonisch bemerkenswerter Platz ist das große Panoramafenster mit den beiden Schaukelstühlen mitten in der Produktionshalle. Der Blick auf das Tal erscheint hier beinahe fantastisch und ein wenig wie aus einer anderen, besseren Welt. Ein von der Natur gemachtes Gemälde.
In der weitläufigen, modernen und kühlen Halle wird gerade von einem Mitarbeiterteam der 2017er Jahrgang des Fabelhaft White abgefüllt. Wir sind später beim Mittagessen sogar die ersten, die ihn probieren dürfen. Die feuchte Luft riecht modrig und ein wenig sauer. Die rauhen Steinwände geben mir das Gefühl in einer riesigen natürlichen Höhle unterwegs zu sein in die man aus Platzgründen Etagen aus Stahl in Form von einfachen Gerüsten eingebaut hat, so dass man mehr Wein lagern kann. Eigentlich ein guter Schauplatz für den nächsten James Bond Film.
Aus dem kühlen Keller geht es nun nach draußen in die schon warme Frühlingssonne. Der weit ausladende Balkon vor einem der Eventräume lädt zum Fotografieren und Verweilen ein. Ein herrlicher Ausblick hinab auf den sich sanft schlängelnden Rio Tedo, ein Zufluss des Douro und die in jede Himmelsrichtung steil aufsteigenden Weinberge. Ich kann mich einfach nicht satt sehen. Jeder Atemzug bringt mehr Entspannung, mehr Zufriedenheit.
Die Hausmauern sind aus dem Schieferboden der Region gemacht und wenn man die Hand auflegt merkt man sofort, wieviel Wärme die Steine speichern und abgeben können. Ein Fakt, den sich auch die Reben hier zu Gute kommen lassen.
Nach dem Rundgang werden wir zu einem familiär gestalteten Mittagessen eingeladen. Die Köchin des Hauses tischt uns drei portugiesische Gänge auf von denen jeder einzelne köstlich ist. Auch die Arbeiter aus Keller und Weinberg sowie der Önologe des Hauses gesellen sich zu uns. Während des Essens dürfen wir zahlreiche Douro-Doc und zum Abschluss auch noch den ein oder anderen Portwein verkosten. So viel Gastfreundschaft sucht Ihresgleichen und ich bin fasziniert von der Selbstverständlichkeit mit der sie praktiziert wird.
Und nach diesem fantastischen Tag im Mai erscheint mir die Zahl 100.000 Euro für einen im Jahr 1863 (!) gemachten Colheita garnicht mehr ganz so fantastisch…
Die Portweinliebhaber unter euch werden mich verstehen 😉
Mehr Infos unter:
Für alle, die auch einmal auf eine Portweinmesse gehen möchten:
Ein Gedanke zu “Unterwegs im Portweinparadies (5/7): Zum Lunch bei Niepoorts”