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Unterwegs im Portweinparadies (4/7): Tradition trifft Moderne

English Version

Endlich im Douro besuche ich mit großer Vorfreude eine meiner favorisierten Quintas. Winzer Tiago Alves de Sousa gehört zur neuen Generation und ist ein aufsteigender Stern sowohl im Douro-Doc, als auch im Portweinhimmel.

Neben die ursprüngliche, gelbe Quinta da Gaivosa hat die Familie vor zwei Jahren einen schwarzen, modernen Weinkeller gesetzt. Während hier nur die Douro-Doc Weine produziert werden, entstehen die Portweine der Familie ganz in der Nähe auf einer zweiten Quinta.

Der kastenförmige Neubau ist nicht nur wein-, sondern auch designtechnisch ein besonderes Schmankerl. Die vielen Finessen des Gebäudes bekommen wir heute ausführlich von Katarina, der Frau von Tiago gezeigt. Aber wir beginnen unseren Rundgang dort wo auch der Wein seinen Anfang nimmt: im Weinberg.

Über dem harten Schiefergestein liegt nur etwa 2 Meter fruchtbarer Boden, weshalb die Reben meterlange Wurzeln entwickeln, um sich auf der Suche nach Wasser durch die Gesteinsritzen zu schlängeln. Auf den terassenförmigen Hängen sind die Reihen der Rebstöcke im Rebsorten-Mix angepflanzt und werden später auch so auch geerntet. Port- und die meisten Douro-Doc Weine sind Cuvées. Und die Liste der im Douro verwendeten Rebsorten ist lang. Das Können des Winzers zeigt sich deshalb schon hier im Weinberg, denn nicht jede Rebsorte reift gleich und doch muss man für die Lese das perfekte Mittel finden. Aber nicht nur zur Lese, sondern auch während des Jahres macht die Bepflanzung im gemischten Satz mehr Arbeit, denn jede einzelne Rebsorte benötigt eine andere Pflege. Tiago selbst erkennt mittlerweile mit bloßem Auge um welche Traube es sich handelt obwohl es hier im Douro mehr als 80 Sorten gibt.

Jetzt geht es in den kühlen Keller. Hier ist Hightech angesagt. Keine Lagares aus Stein, keine nackten Beine, sondern blanker Stahl. Kürzlich hat Tiago eine Traubenpresse entwickelt, bei der man in den unterschiedlichen Bottichen einstellen kann in welchem Intervall, wie lange und mit wieviel Druck die Trauben von der Maschine gestampft werden sollen. Ein Wasserdurchlauf kühlt den Vorgang, damit auch im heißen Douro die Trauben nicht schon während des Pressens fermentieren. Aufgrund seiner fortschrittlichen Ideen arbeitet der junge Winzer mittlerweile sogar mit der nahegelegenen Universität von Villa Real zusammen, die dieses bisherige Unikat aktuell für die Forschung nachbilden lässt.

Bei Alves de Sousa werden alle abgefüllten Weine mindestens noch sieben Jahre auf der Quinta gelagert. „Der Markt der Weintrinker hat sich verändert, aber unser Wein braucht immer noch genügend Zeit um zum perfekten Produkt heranzureifen, auch in der Flasche. Deshalb haben wir uns entschieden quasi den Job für unsere Kunden zu übernehmen, da diese oftmals garkeinen Platz haben, um Wein entsprechend zu lagern. Wer bei uns kauft, bekommt definitiv trinkfertige Ware“, so Katharina.

Im modernen Verkaufsraum stecken die Flaschen verkehrtherum in einem speziell designten Tisch mit Löchern. So werden dem Gast die Flaschen gut präsentiert und dennoch bleiben die Korken feucht. Ich darf an diesem Tag Vieles verkosten und habe deshalb nur die absoluten Highlights für euch präsent:

Memoires ist eine Cuvée die aus den besten Weinen der letzten 10 Jahre zusammengesetzt wurde. Der nächste Memoires wird erst 2022 herauskommen und Tiago bereitet die Auszüge dafür schon in diversen Fässern vor. Ein großartiges, aber auch entsprechend aufwendiges Projekt, an dem sich nun schon zum zweiten Mal die gesamte Familie beteiligt.

Abandonado ist ein Wein von einem sich selbst überlassenen Weinberg. Die Reben wurden vor 80 Jahren von Tiagos Großvater ganz hoch oben auf einem Berg in unwägsamem Gebiet gepflanzt. Schon nach dem ersten Jahr waren ca. 50% der Reben kaputt. Schnell war damals klar, dass es doch zu mühselig war dieses Stück Land zu bewirtschaften. Die restlichen Reben wurden jahrzehntelang einfach ihrem Schicksal überlassen. Einheimische sprachen von diesem Weinberg nur noch als „abandonado“. Vor ein paar Jahren dann nahmen sich Tiago und sein Vater Domingo des Weinberges noch einmal an. Sie wollten den abandonado mit Hilfe der neuen Möglichkeiten im Weinbau ans Laufen bringen. Aber auch sie schafften es trotz allen Bemühungen nicht dort weitere Reben zu pflanzen. Die alten Reben hingegen existierten noch immer und brachten wie sich nun herausstellte auch ohne menschliche Pflege jedes Jahr einen passablen Ertrag zustande. Diese faszinierende Erkenntnis weckte den Forscher in Tiago. Seitdem werden die Reben dort oben von Weinbaustudenten genetisch untersucht und zur Lesezeit werden die wild gewachsenen Trauben geholt. Aus ihnen entsteht – natürlich sehr limitiert – ein köstlicher, tiefroter und vollmundiger Wein.

 

Mein Dank für diesen Beitrag geht nicht nur an Tiago und Katarina für diese ausführliche Führung, sondern an die gesamte Familie Alves de Sousa, die uns mit so viel Freundlichkeit und Wärme empfangen hat! Wir kommen definitiv wieder 🙂

 

Weitere Infos auf:

www.alvesdesousa.com

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